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Der heilige St. Vincentius
Ich freue mich, dass ich Sie in meiner Eigenschaft als Patron des Krankenhauses und dieser Kapelle begrüßen darf. Sie möchten also etwas über mein Leben und Wirken erfahren? Gern. Aber ich versuche, mich kurz zu fassen.
Für die ganz Eiligen hier zunächst einen Überblick über meine Biographie:
Diakon, Märtyrer
• geboren: in Huesca im Gebiet Aragonien, Spanien
• gestorben: 304 in Valencia, Spanien
• Gedenktag: 22. Januar
In der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts bin ich in der kleinen Stadt Huesca, in Spanien geboren. Sie liegt ca. 80 km nordwestlich von Saragossa. Meine Eltern hatten einen gewissen Reichtum, von daher bin ich wohlhabend aufgewachsen. Eines Tages hörten meine Freunde und ich von der neuen Religion. Von Jesus Christus, der von den Toten auferstanden ist. Von seinen Anhängern, die von diesem Jesus erzählten. Sie predigten, dass es keine Unterschiede zwischen Arm und Reich, zwischen Herr und Sklave, zwischen Römer, Griechen und Spanier gibt, alle sind Brüder und Schwestern in Christus. Das war für uns neu, davon träumte ich. Zu dieser Zeit lebten wir unter der römischen Besatzungsmacht, die sich als Barbaren aufführten. Der Mensch galt für die Römer nicht viel, nur der Kaiser war wie ein Gott.
Aus diesem Grund sind meine Freunde und ich - ich war damals noch sehr jung, ca. 15-16 Jahre alt - nach Saragossa in die Hauptstadt gezogen. Dort trafen wir den Bischof Valerius, er war ein sehr gebildeter Mann. Bei ihm durften wir wohnen und geistliche und weltliche Wissenschaften studieren. Ich glaube im Nachhinein sagen zu können, dass ich ein wissensdurstiger, guter Schüler war und mich das Christentum sehr interessierte. Unter meinen studierenden Freunden waren auch junge Frauen, was damals undenkbar war.
Eines Tages kam der Bischof Valerius zu mir und sagte: "Ich werde alt und mit meiner Sprache bekomme ich immer mehr Probleme". Er schlug vor, dass ich für ihn das Evangelium verkünden, in der Predigt die Frohe Botschaft auslegen und die Leute lehren sollte. Er hatte mich auserwählt und zum Diakon geweiht. Mir hat es sehr viel Spaß gemacht mit und für den Bischof Valerius zu arbeiten, denn er war für uns Vater und Vorbild. Anscheinend habe ich sehr gut und überzeugend gepredigt, denn die Gottesdienste waren überfüllt. Die Leute, vor allen Dingen junge Menschen, kamen aus der ganzen Region und waren vom Christentum begeistert. Das blieb den römischen Behörden natürlich nicht verborgen und diese befürchteten, dass die Christen gegenüber den Römern den Aufstand probten. Aber das wollten wir überhaupt nicht, wir wollten nur eine friedliche Welt.
Der Kaiser von Rom, es war Diokletian, mit seinen Truppen und Statthaltern hatten Angst, dass die Christen den Kaiser nicht mehr als Gott verehren würden - sie hatten ja auch Recht, denn unser Gott ist der Dreifaltige Gott, der Gott Vater, Gott Sohn und Gott Heiliger Geist. Darum ließ er uns verfolgen. Der römische Statthalter Dacianus, ein scharfer Typ aus Valencia - eine große Hafenstadt am Mittelmeer und ein militär-strategischer wichtiger Ort - ließ den Bischof Valerius und mich verhaften und in Ketten nach Valencia bringen. Es war eine qualvolle und weite Strecke von über 300 km. Mein Bischof Valerius, der alt und krank war, starb auf dem Weg von Saragossa nach Valencia.
Jetzt war ich allein und wollte den Römern beweisen, dass sie mich nicht kleinkriegen konnten, denn ich war so von Christus überzeugt. In Valencia sollte ich meinen christlichen Glauben abschwören, das tat ich natürlich nicht. Daraufhin rissen die römischen Schergen mich fast auseinander, legten mich nackt auf einen glühenden Rost und schmissen mich anschließend in einen dunklen, mit Glasscherben ausgelegten Kerker. Bei all den Qualen kamen über meine Lippen nur Lobeshymnen auf unseren Gott. Ich hatte sehr starke Schmerzen von den Qualen, so dass ich am 22. Januar 304 verstarb.
Dadurch, dass ich - Diakon Vincentius - durch die Marter verstorben bin, hatten die Christen einen neuen Märtyrer, der für "den" Christus sein Leben geopfert hatte. Aus Wut darüber, verweigerte der Statthalter Dacian meine Beerdigung.
Schergen schmissen meinen Leichnam aufs freie Feld. Ich sollte von wilden Tieren gefressen werden. Aber dies geschah nicht, denn zwei Raben verteidigten meinen toten Körper. Daraufhin nähten die Römer mich in eine Ochsenhaut und beschwerten den Sack mit Steinen, vielleicht auch mit einem Mühlstein, ich weiß es nicht mehr. Man ruderte einige Hundertmeter mit dem Boot ins Meer hinaus und warf mich über Bord ins Mittelmeer. Es war ein kalter, trüber Januartag. Aber die Wellen schwemmten mich wieder an den Strand. Eine Christin, ich glaube es war eine Witwe, fand mich im Morgengrauen. Sie benachrichtigte ihre Glaubenschwestern und -brüder, die mich dann in der Nähe des Strandes bestatteten. Man baute später über meinem Grab eine Kirche. Dort sollte ich aber nicht bleiben. Viele Jahre später, es war im Jahre 1160, wurden meine Gebeine von Valencia in die Hauptstadt Lissabon überführt.
Ab dem 4. Jahrhundert wurde ich in der Kirche von vielen Menschen, zusammen mit meinen Mitbrüdern, dem hl. Stephanus und dem hl. Laurentius, verehrt. Heute nennt man uns auch das Diakonen Dreigestirn der Alten Kirche.
Ein Teil meiner Gebeine sind dann nach Rom gekommen, nach Tre Fontane, wo der heilige Paulus enthauptet wurde. Dort bin ich heute noch in der Abteikirche, die meinen Namen trägt. Ein anderer Teil ist nach Le Mans in Frankreich und nach Paderborn überführt worden, wo die Grafen von Ravensberg mich sehr verehrten. Als die Grafen von Ravensberg um 1200 in Haselünne Burgherren wurden, bin ich auch nach Haselünne gekommen und liege in dem wunderschönen Zelebrationsaltar. Denn die Haselünner Pfarrkirche ist auch nach meinem Namen benannt worden. Ich bin froh darüber, in Haselünne zu sein, denn nach all den vielen Jahren sind die Haselünner mir ans Herz gewachsen.
Das Haselünner Krankenhaus erhielt 1864 ebenfalls meinen Namen „St. Vinzenz-Hospital“ und 1938 - nach dem Bau der Krankenhaus-Kapelle - ist diese ebenfalls unter meiner Obhut gestellt worden.
Den Diakonen der Alten Kirche sowie den Ständigen Diakonen der heutigen Kirche sind die kranken Menschen besonders anvertraut. Darum bin ich froh, dass dieses Hospital meinen Namen trägt.
Meine Statue - sie ist ein Vermächtnis von Pfarrer Franz Brauer - wurde 2004 in eine Wandnische gestellt, die für mich in die Außenwand links im Altarraum errichtet wurde. Ich trage eine Dalmatik und in der linken Hand halte ich ein Boot. Vermutlich weil ich aus einem Boot ins Mittelmeer geworfen wurde, aber genau weiß ich es nicht. Ursprünglich halte ich einen Palmzweig in der rechten Hand. Leider ist dieser abhanden gekommen.
Schön, dass Sie bis hierhin durchgehalten haben! Es ist ja schließlich nicht selbstverständlich, dass man alten Leuten wie mir so lange zuhört. Vielleicht können wir den Kontakt ja fortsetzen.
Wer ganz viel Zeit hat und den Weg zur Pfarrkirche gehen kann, kann mich auch dort besuchen. Mein Bild hängt an der Westwand des Kirchenschiffes links neben der Orgel. Eine weitere Darstellung von mir als junger Diakon mit dem Evangelienbuch befindet sich in der alten Kommunionbank in der Taufkapelle (Turm).
In einem stillen Moment kommen wir bestimmt miteinander ins Gespräch. Bis dahin.
Herzlichst, Ihr Vincentius
Autor: Diakon Friedrich Janning