Anorexia nervosa

An einer Essstörung zu leiden bedeutet für Betroffene und ihr soziales Umfeld eine erhebliche Belastung. Wir helfen einen Umgang mit der Erkrankung zu finden.

Der Körper versucht trotz der geringen Energiezufuhr zu überleben, daher schränkt er alle nicht primär notwendigen Funktionen ein. So sinkt der Blutdruck, reduziert sich das Haarwachstum und stoppt die Menstruation bei Frauen. Auch die Gehirnfunktion nimmt deutlich ab: Das Einspeichern neuer Informationen, das tiefere Nachdenken und die Wahrnehmung der eigenen Emotionen sind gehemmt. Um eine Anorexia nervosa, eine Magersucht, überwinden zu können, ist zunächst eine begleitete Gewichtszunahme erforderlich.

Wir bieten einen stützenden Behandlungsrahmen, den wir durch ausführliche Behandlungsverträge genau erklären. Der Behandlungsvertrag orientiert sich am Verhältnis von Gewicht zu Körpergröße zum Quadrat. Dem so genannten Body-Mass-Index, kurz BMI. Je nachdem wieviel Gewicht zugenommen werden muss, um einen BMI von 18,5 kg/m² zu erreichen, kommt ein anderer Behandlungsvertrag in Frage. Der Behandlungsvertrag gliedert sich in unterschiedliche Behandlungsstufen. So wird eine Überforderung der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit vermieden.

Auszugsweise ein Einblick in die Behandlungsstufen:

Eingangsphase

Alle Patient*innen beginnen mit einer vier wöchigen Eingangsphase, die zur ersten Behandlungsstufe gehört. Innerhalb dieser vier Wochen ist eine Gewichtszunahme von 2 kg, also im Durchschnitt 500 g pro Woche erforderlich.

Stufe 1

Wenn dies erreicht wird, setzt sich die Behandlung in der ersten Stufe fort. Allerdings wird ab jetzt bis zum Erreichen des Zielgewichts eine Zunahme von 700 g pro Woche erwartet. Diese Gewichtszunahme gelingt nicht immer. In diesen Fällen greift ein Kartensystem, das vielen Patient*innen hilft, sich auf die drohende Entlassung bei nicht-Erreichen einer weiteren Gewichtszunahme vorzubereiten.

Die erste Behandlungsstufe dient der Fokussierung auf die Nahrungsaufnahme. Zur Orientierung werden Esspläne gemeinsam mit den Betroffenen ausgearbeitet. Unterstützend wird hochkalorische Kost angeboten, wenn die allgemeine Nahrungsaufnahme noch zu schwer fällt. Essprotokolle werden selbstständig durch die Betroffenen geschrieben. Auch sie dienen der Orientierung über die tatsächliche Nahrungsaufnahme. Aufgrund des häufig lebensbedrohlichen Gesundheitszustands ist in der ersten Behandlungsstufe nur begrenzter Ausgang möglich.

Stufe 2

In der zweiten Behandlungsstufe kommt mehr Ausgang hinzu. Weiterhin ist die Nahrungsaufnahme und deren Auswirkung im Fokus der Behandlung.

Stufe 3

Ab der dritten Behandlungsstufe kommen zunehmend mehr psychotherapeutische Elemente dazu. Hochkalorische Kost steht nicht mehr zur Gewichtszunahme zur Verfügung. Dafür wird in der Gruppe mit pflegerischer Begleitung gemeinsam gekocht. Hierzu zählt das Planen der Mahlzeit, das Einkaufen und Zubereiten der Zutaten und nachher das gemeinsame Verspeisen der selbstzubereiteten Speise.

Stufe 4

In der vierten Behandlungsstufe fallen weitere Unterstützungen in der Planung der Gewichtszunahme weg. Es findet die volle psychotherapeutische Behandlung statt. Das Abschließen der vierten Behandlungsstufe bedeutet das Erreichen eines gesunden Körpergewichtes.

Stufe 5

Die fünfte und letzte Behandlungsstufe dient der Vorbereitung der nachstationären Zeit. Betroffene, die diese Stufe erreicht haben, haben den Ziel-BMI von 18,5 kg/m² erreicht und üben das Halten des erreichten Gewichts.

Diese Beschreibung ist nicht abschließend zu verstehen. Es gibt noch eine Menge Details.

Wir vertreten dabei die grundsätzliche Haltung:

Die Verantwortung für die Nahrungsaufnahme und die Gewichtszunahme liegt bei den Betroffenen selbst. Wir begleiten und stehen mit Feedback zur Orientierung für ein gesundes Essverhalten bereit. Im Verlauf helfen wir die auslösenden Bedingung für die Anorexie zu verstehen und Lösungswege zu erarbeiten.

Niemand wird gezwungen. Allerdings erwarten wir das Einhalten der Behandlungsvereinbarung, den jede*r Patient*in mit sich selbst abschließt. Manchmal verlieren Betroffene ihre Motivationsgründe für die Behandlung und die Gewichtszunahme stagniert. Wir bereiten auch bei einem frühzeitigen Abbruch der Behandlung die nachstationäre Versorgung mit den Betroffenen vor. Nach drei bis vier Wochen kann eine Wiederaufnahme erfolgen.

Wir wissen, dass es manchmal mehrere Anläufe braucht und freuen uns über alle, die den Mut aufbringen, es noch mal zu versuchen.

Wir behandeln auf freiwilliger Basis bis zu einem minimal BMI von 11,0 kg/m². Krankenhausbehandlung ist ab Unterschreiten eines BMI von 16,5 kg/m² indiziert. Allerdings kann es Umstände geben, die auch schon vorher eine stationäre Behandlung nahelegen.

Wenn Sie unter einer Essstörung leiden, rufen Sie uns an und vereinbaren einen unverbindlichen Gesprächstermin in unserer Ambulanz:

Tel. 05961-503 3500