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„Bezugshebammen im Team“ für werdende Mütter
MHO - Marienhospital Osnabrück
Laut Befragungen wünschen sich immer mehr Frauen eine durchgängige Betreuung durch eine ihnen vertraute Hebamme während der Schwangerschaft, der Geburt, dem Wochenbett und der Stillzeit. Allerdings mangelt es bundesweit an entsprechenden Versorgungsformen.
Deshalb haben das Marienhospital Osnabrück (MHO) der Niels-Stensen-Kliniken und die Hochschule Osnabrück ein Modellprojekt gestartet, bei dem erstmals ein festes Team von Bezugshebammen die Frauen über diesen Zeitraum begleitet. Es soll damit sichergestellt sein, dass immer eine Hebamme zur Verfügung steht, welche die Frau bereits aus der Schwangerschaft kennt.
Das Projekt „Bezugshebammen im Team in Landkreis und Stadt Osnabrück“ (Kohala) wird mitfinanziert von der Europäischen Union. Die Hochschule Osnabrück entwickelt und evaluiert dabei zusammen mit dem MHO und weiteren Kooperationspartnern auf Grundlage von Forschungsergebnissen und bereits etablierten Konzepten aus anderen Ländern ein neues Betreuungsmodell.
„Wir freuen uns, als Perinatalzentrum der höchsten Versorgungsstufe (Level I) das Projekt gemeinsam mit der Hochschule und freiberuflichen Hebammen anzugehen“, sagt Dr. Götz Menke (MHO-Chefarzt Gynäkologie und Geburtshilfe).
Das Projekt Kohala beinhaltet vier Bausteine. Zum einen soll ein Arbeitsmodell für die Bezugshebammen im Team entwickelt und evaluiert werden. Dazu braucht es die Bildung einer Partnerschaftsgesellschaft von freiberuflichen Bezugshebammen im Team und das Erarbeiten eines Betreuungskonzeptes. Zum anderen soll eine Kooperation und verbindliche Zusammenarbeit mit dem geburtshilflichen Team im Krankenhaus etabliert werden. Weiterhin ist eine angepasste Abrechnungsform mit Krankenkassen in Form eines Selektivvertrags nötig und schließlich müssen Netzwerkstrukturen für eine sektorenübergreifende geburtshilfliche Versorgung entwickelt werden. Eine Evaluation des Konzeptes in Form von Datenerhebungen und Befragungen der betreuten Frauen, der Bezugshebammen im Team und gegebenenfalls des geburtshilflichen Teams des Marienhospital ist derzeit ebenfalls geplant.
„Bezugshebammen im Team“ sei ein innovatives Arbeits- und Betreuungsmodell im Bereich der Hebammenversorgung, erläutert Prof. Dr. Friederike zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein (Fachbereich Pflege- und Hebammenwissenschaft der Hochschule Osnabrück). In diesem Modell arbeiten Hebammen freiberuflich in kleinen Teams (zwei bis fünf Hebammen) und betreuen jeweils 35 bis 40 Frauen im Jahr durchgängig während der Zeit von Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett und Stillzeit.
Jede Frau habe eine primäre Hebamme und werde von dieser Bezugshebamme - oder einer Hebamme aus dem kleinen Team - während allen Phasen des Elternwerdens betreut, sagt Projektmitarbeiterin Anna-Maria Bruhn, Hebamme und Wissenschaftliche Mitarbeiterin der Hochschule, die in Australien erste Erfahrungen mit dem Modell gesammelt hat.
Die Betreuung während der Schwangerschaft umfasst die Beratung der Schwangeren, Geburtsvorbereitungskurse sowie je nach Situation und Wunsch der Frauen Vorsorgeuntersuchungen in Kooperation mit den niedergelassenen Gynäkologen aus Stadt und Landkreis Osnabrück. Die Geburtsbetreuung findet in Zusammenarbeit mit dem geburtshilflichen Team im MHO statt. Die Bezugshebammen arbeiten in Rufbereitschaft und leisten ab der stationären Aufnahme eine kontinuierliche Eins-zu-eins-Betreuung während der Geburt. Die Betreuung der frühen Eröffnungsphase, der sogenannten Latenzphase, kann auch im häuslichen Umfeld der Frau erfolgen. Im Wochenbett leisten die Bezugshebammen aufsuchende Wochenbettbesuche - zunächst gegebenenfalls auf der Wochenbettstation und anschließend im häuslichen Umfeld. Außerdem bieten sie im weiteren Verlauf Beratung und Hilfe beim Stillen und bei Ernährungsfragen sowie die Durchführung von Rückbildungskursen an.
Bisher gibt es – theoretisch - bereits sogenannte Begleit-Beleghebammen, diese begleiten die Frauen zur Geburt in ein Krankenhaus. Die Nachfrage danach ist bundesweit jedoch deutlich höher als das vorhandene Angebot. Begleit-Beleghebammen sind überwiegend solo-selbstständig und in der Regel nicht im Team organisiert, was oftmals Dauerrufbereitschaft für die jeweilige Begleit-Beleghebamme bedeutet. Und: Die Hebammen-Gebührenvereinbarung der gesetzlichen Krankenkassen gibt momentan vor, dass nur eine Begleit-Beleghebamme für die Schwangere zuständig sein soll. Eine geregelte Zusammenarbeit im Team mit geplanten freien Tagen ist nicht abrechnungsfähig.
Bezugshebammen im Team werden hingegen in Form einer Partnerschaftsgesellschaft eng zusammenarbeiten. Die Betreuung der Frauen erfolgt gemeinsam abgestimmt im Team. Die Frauen haben in der Schwangerschaft vorrangig Termine mit der Hauptbezugshebamme, sie lernen jedoch alle Hebammen des Teams im Rahmen von Beratungsgesprächen kennen. Diese Beratungsgespräche zielen auf eine intensive Vorbereitung der Schwangeren auf die Geburt und das Wochenbett hin. Die Bezugshebammen haben geregelte freie Tage, an denen die anderen Bezugshebammen des Teams die Rufbereitschaft übernehmen. Hierfür gibt es Bereitschaftspläne, die im Vorfeld transparent kommuniziert werden. Außerdem können sich die Bezugshebammen im Team nach einer gewissen Arbeitszeit gegenseitig ablösen.
Beim Betreuungsmodell Bezugshebammen im Team wird die Zusammenarbeit mit dem geburtshilflichen Team des Krankenhauses durch abgestimmte Verfahrensanweisungen geregelt. Teil des Konzepts sind außerdem regelmäßige Treffen, ein enger Austausch und gemeinsame Fortbildungen.
Da die geregelte Zusammenarbeit von Hebammen im Team bei einer durchgängigen Betreuung derzeit nicht über die Hebammen-Gebührenvereinbarung abgerechnet werden kann, wird ein so genannter Selektivvertrag zunächst mit der Barmer geschlossen. Für die Frauen und Familien entstehen keine zusätzlichen Gebühren. Momentan können im Projekt Kohala nur Frauen betreut werden, die bei der Barmer versichert sind. Die Aufnahme weiterer Krankenkassen in den Selektivvertrag ist jedoch in Planung.