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Die Chirurgie beim älteren Menschen
Die demografische Entwicklung in Deutschland ist nicht umzukehren. Der Altersquotient wird sich in den nächsten 20 Jahren weiter vergrößern.
Dem verletzen geriatrischen Patient kommt in der Unfallchirurgie eine besondere Bedeutung zu.
Denn nur ein kleiner Teil der Verletzungen ist durch ein plötzlich von außen einwirkendes Ereignis, d. h. ein „adäquates Trauma“, einen Unfall im engeren Sinne, bedingt. Im Straßenverkehr werden ältere Verkehrsteilnehmer vorrangig als Autoinsasse, Fußgänger und Fahrradfahrer verletzt.
Der überwiegende Anteil der Verletzungen im Alter entsteht jedoch durch ein Sturzereignis aus der Stand- oder Sitzhöhe, wobei nur in maximal 10% der Fälle Synkopen (plötzliche Bewusstlosigkeiten) als Sturzursache festgestellt werden können. Zu 80% ereignet sich ein Sturz ohne Bewusstseinsverlust bei einer üblichen Alltagsaktivität.
Aufgrund der zunehmenden Mobilität älterer Menschen kommt es immer wieder zu sogenannten alterstypischen Frakturen wie Schenkelhalsbrüchen und schenkelhalsnahen Oberschenkelbrüchen.
Die unfallchirurgische Therapie zeichnet sich in der Alterstraumatologie (Lehre von den Verletzungen bei Älteren) durch eine Orientierung an den speziellen Bedürfnissen des älteren Verletzten aus:
Dabei entscheidend sind die Priorität des OP‐Zeitpunkts, eine konsequente Weichteilschonung und die Wahl der OP‐Technik. Letztere sollte an der Vollbelastbarkeit unter Beachtung der Erfordernisse des osteoporotischen (von Knochenschwund betroffenen) Knochens ausgerichtet sein.
Hierzu ist eine umfangreiche Ausstattung mit winkelstabilen Osteosynthesematerialien (Materialen zur vorübergehenden operativen Versorgung von Brüchen) und endoprothetischen Implantaten (dauerhaft einzubringende Implantate) erforderlich, einschließlich Revisionsimplantaten (Austauschimplantaten) bei periprothetischen bzw. Periimplantatfrakturen (Brüchen neben Prothesen bzw. Implantaten).
Während beispielsweies eine Schenkelhalsfraktur früher immer wieder eine lange Bettlägerigkeit mit teilweise anschließender Gehunfähigkeit zur Folge hatte, erfolgt heute die frühzeitige operative Versorgung je nach Bruchtyp mit einer Varikopfprothese, Gammanagel bzw. mit einer dynamischen Hüftschraube (DHS).
Dies hat zur Folge, dass in der Regel bereits nach drei Wochen die ursprüngliche Mobilität wiederhergestellt sein kann.
Allgemein ist hier der Grundsatz „Belastbarkeit vor Funktionalität“ zu nennen, aber auch das Ziel, möglichst nur eine einzige Operation durchzuführen.
In allen Fällen planen wir bereits am Operationstag zusammen mit unseren Krankengymnasten der physikalischen Therapie die weitere Vorgehensweise, so dass frühzeitig, d. h. schon am Tag nach der Operation, die ersten Gehversuche unternommen werden können.
Mit Hilfe unserer Sozialarbeiter wird bereits in der ersten Woche eine entsprechende Rehabilitation oder häusliche Versorgung je nachWunsch geplant und organisiert, so dass eine mögliche Weiterbehandlung nach der Entlassung ohne Verzögerung erfolgen kann.