Speicheldrüsenerkrankungen

Neben einigen hundert kleinen Speicheldrüsen in der Mund- und Rachenschleimhaut besitzt der Mensch drei große und paarig angelegte Kopfspeicheldrüsen, zu denen die Ohrspeicheldrüse (Glandula parotis), die Unterkieferspeicheldrüse (Glandula submandibularis) und die Unterzungenspeicheldrüse (Glandula sublingualis) zählen.

Von den 0,5 bis 2 Litern Speichel, die täglich gebildet werden, geben die Glandulae submandibulares rund 70 Prozent und die Glandulae parotideae 25 Prozent ab, der verbleibende Anteil wird von den beiden Glandulae sublinguales und den kleinen Speicheldrüsen der Lippen-, Wangen-, Zungen-, Gaumen- und Rachenschleimhaut sezerniert (abgesondert).
Der Speichel hat verschiedene Aufgaben: er sorgt für eine befeuchtete Mundschleimhaut, bildet einen Schutzfilm der Mundschleimhaut und Zähne vor Krankheitserregern und Giftstoffen, löst Nahrungsbestandteile auf und trägt somit zur Geschmacksempfindung und Verdauung bei, und er macht die Nahrung gleitfähig, so dass sie geschluckt werden kann.

Untersuchungsmethoden für Speicheldrüsenerkrankungen

Schon die Inspektion und Palpation der Speicheldrüse kann dem Untersucher wichtige Informationen liefern. Gibt es eine sichtbare Rötung und spürbare Überwärmung der Haut, bestehen Schwellungen oder Raumforderungen im Bereich der Drüse, sind diese verschieblich gegenüber dem Gewebe, ist die Glandula weich oder derb zu tasten, vergrößert, schmerzhaft bei Berührung, besteht eine Lähmung der Gesichtsmuskulatur als Ausdruck einer Funktionsstörung des N. fazialis (Gesichtsnerv)? – dies sind einzelne Aspekte, die vom HNO-Arzt bei der Untersuchung berücksichtigt werden.
Als weiterer Schritt auf dem Weg zu einer Diagnose kommen bildgebende Verfahren zum Einsatz. Eine bedeutende Rolle in der Diagnostik der Speicheldrüsenerkrankungen spielt die Ultraschalluntersuchung, die eine schnell durchführbare und den Körper nicht belastende Methode darstellt. Unsere HNO-Klinik verfügt über ein modernes Sonographie-Gerät, mit dem wichtige Erkenntnisse über mögliche Entzündungen oder Einschmelzungen (Abszesse), Zysten, Lymphknoten, Speichelsteine oder Tumoren der Speicheldrüsen gewonnen werden können.
In Kombination mit der Ultraschalldiagnostik kommt die Feinnadelbiopsie zum Einsatz. Bei unklaren Prozessen können unter sonographischer Kontrolle gezielt Gewebeentnahmen erfolgen, die dann vom Pathologen untersucht werden.
Weitere häufig angewandte Verfahren sind die Magnetresonanztomographie (MRT, Kernspintomographie) sowie die Computertomographie (CT), die vor allem bei Raumforderungen/ Tumoren der Speicheldrüsen eingesetzt werden, die die Organgrenze überschreiten, tiefe Drüsenanteile betreffen oder im Ultraschall verdächtig auf einen bösartigen (malignen) Prozess erscheinen.

Erkrankungen der Speicheldrüsen und ihre Behandlung

Akute Entzündung einer Speicheldrüse (Sialadenitis)

Als Ursache für eine akute Entzündung einer Speicheldrüse kommt die virale Infektion und bakterielle Besiedlung, ein verminderter Speichelfluss bei allgemeinen Erkrankungen, nach Bestrahlungsbehandlung, bei verminderter Flüssigkeitszufuhr sowie bei einer Sialolithiasis in Betracht. Letzteres ist die Bildung eines Speichelsteins, der den jeweiligen Ausführungsgang der Drüse verlegen kann.

Die akute eitrige Entzündung äußert sich unter anderem in einer schmerzhaften Schwellung der Drüse, in einer Rötung und Überwärmung der darüber liegenden Haut sowie eines schlechten Geschmacks im Mund durch eitrig durchsetzen Speichel. Die Therapie setzt sich aus einer Kombination aus antibiotischen, antiphlogistischen (entzündungshemmenden) und analgetischen (schmerzlindernden) Medikamenten zusammen. Bei der viralen Entzündung kann auf die Einnahme von Antibiotika verzichtet werden. Hier ist eine rein symptomatische Therapie angezeigt. Unterstützend wirken den Speichelfluss anregende Maßnahmen wie z. B. Kaugummikauen, Zitronenscheiben oder saure Bonbons lutschen sowie eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr, um die Krankheitserreger aus der Drüse zu spülen.
Kommt es bei einer eitrigen Sialadenitis zu einer Einschmelzung, d. h. Bildung eines Abszesses, ist die Therapie der Wahl eine Inzision (chirurgischer Einschnitt), so dass der Eiter abfließen kann. Die weitere Behandlung entspricht der bereits erwähnten.

Chronische Entzündung einer Speicheldrüse

Treten rezidivierend Entzündungen der Speicheldrüse auf, spricht man von einer chronischen Sialadenitis. Die Ursachen können wiederkehrende bakterielle und virale Infektionen, eine Sialolithiasis (Speichelsteine), eine Bestrahlungstherapie oder auch Autoimmunerkrankungen sein. Die betroffene Drüse kann im infektfreien Intervall völlig symptomlos sein oder sich dauerhaft vergrößert zeigen. Der akute Schub einer Entzündung wird je nach Ursache z. B. mit Antibiotika und Schmerzmitteln behandelt. Im infektfreien Intervall empfiehlt sich die Exstirpation (Entfernung) der Speicheldrüse.

Gutartige Tumoren der Speicheldrüsen

Etwa 70% der Neubildungen im Bereich der Speicheldrüsen sind gutartig. Das pleomorphe Adenom (das gutartige Speicheldrüsengeschwulst) ist mit bis zu 50% der am häufigsten vorkommende benigne (gutartige) Tumor (Geschwulst), der in 80% der Fälle die Parotis (Ohrspeicheldrüse) betrifft und häufiger bei Frauen auftritt. An zweiter Stelle steht mit etwa 15% das Zystadenolymphom (Speicheldrüsentumor), der sog. Warthin-Tumor, der zu etwa 90% bei Männern diagnostiziert wird.
Allen gutartigen Neubildungen der Speicheldrüsen ist gemein, dass sie langsam an Größe zunehmen und symptomarm sind. Dennoch ist anzumerken, dass mit der Zeit die Wahrscheinlichkeit steigt, dass ein gutartiger Tumor maligne (bösartig) entarten kann. Deshalb empfiehlt sich auch bei geringen Beschwerden die Raumforderung chirurgisch zu entfernen. Dabei können häufig größere Drüsenanteile belassen werden. Dies verbietet sich bei bösartigen Geschwulsten.

Bösartige Tumoren der Speicheldrüsen

Eine schnelles Wachsen des Tumors, Schmerzen und im Falle einer Raumforderung im Bereich der Ohrspeicheldrüse die Lähmung des N. fazialis (Gesichtsnerves) sind Symptome, die an einen malignen (bösartigen) Prozess denken lassen. Häufige bösartige Neubildungen sind das sog. Mukoepidermoidkarzinom, Azinuszellkarzinome, adenoidzystische und Adenokarzinome, die jeweils 3-5% aller Speicheldrüsentumoren ausmachen.
Die Therapie der Wahl bei einem bösartigen Speicheldrüsentumor ist die vollständige Entfernung des Tumors mit der gesamten Speicheldrüse (totale Parotidektomie, Submandibulektomie). Bei stattgehabter Infiltration kann auch die Entfernung der befallenen Strukturen, z. B. Haut, Unterkieferknochen, Gefäße oder N. fazialis (Gesichtsnerv) notwendig sein. Nicht zu vergessen die Halslymphkoten. Zusätzlich ist nach chirurgischer Behandlung evtl. eine Bestrahlungstherapie sinnvoll.

Parotischirurgie

Bei der chirurgischen Intervention im Bereich der Ohrspeicheldrüse gilt ein besonderes Augenmerk des Operateurs der Schonung des N. fazialis (Gesichtsnervs), so dieser nicht durch einen bösartigen Tumor infiltriert (kein bösatiges Geschwulst eingedrungen) ist. Eine Schädigung des Gesichtsnervs bzw. seiner einzelnen Äste, die fächerförmig zwischen dem oberflächlichen und tiefen Drüsenanteil verlaufen, kann zu Lähmungen der mimischen Muskulatur führen.
Um das Risiko einer postoperativen Fazialisparese (Lähmung des Gesichtsnerves nach der Operation) zu senken, wird an unserer Klinik zum einen unter mikroskopischer Sicht operiert, zum anderen ein intraoperatives Neuromonitoring (Überwachung der Nervenaktivitäts währende der Operation des N. fazialis (Geschitsnervs) durchgeführt. Hierbei werden feine Elektroden in den Gesichtsmuskeln, die der Nerv versorgt, platziert. Kommt der Operateur in die Nähe der Nervenäste, ertönt ein akustisches Signal.